Einer führt, einer folgt

Der Grund warum ich Führen lerne ist, es gibt tatsächlich zwei Rollen im Tango, nämlich Führen und Folgen. Ich sehe das sehr wohl so und zwar klar definiert. Wäre dem nicht so, müssten wir wohl eher von Contactimpro als von Tango sprechen.
Wäre es so, dass es Führen und Folgen nicht gäbe, müsste es ja so sein, dass zwei, die Folgen beherrschen, sofort super miteinander Tango tanzen könnten. Oder eben auch zwei die Führen gelernt haben. Warum also muss ich mich jetzt „abplagen“ und Führen lernen, wenn ich mal ähhhh, ja was nun? Führen? möchte????
Einer führt, einer folgt, das kann innerhalb eines Tanzes beliebig oft wechseln, aber nichts desto : einer führt und einer folgt. Und das ist nicht diskriminierend. Und auch nicht frauenfeindlich.
Ich stell mir grad vor, wie das so wäre, wenn zwei eigentlich Folgende miteinander tanzen möchten : wenn sie sich auf eine Tanzhaltung geeinigt haben, bleiben sie dann mal stehen und warten…. Äh wer beginnt? Und womit? Mit der Einladung? Mit dem Angebot? Mit dem Mark (Begriff von Vio tango forge ) oder doch dem Führen? Oder hat man sich vorher geeinigt : Jeder macht mal ne halbe Minute rum, was er so mag und dann ist der andere dran und so weiter?
Bei zwei, die Führen gelernt haben, möglichst noch die base, stell ich mir das auch cool vor: nach der Einigung auf die Tanzhaltung gehen mal beide stramm mit einem Rückwärtsschritt los… Wie es weitergeht weiß ich nicht, weil ich nicht weiß wie die base weitergeht….
Also meine Frage : Warum können wir uns eine Rolle aussuchen, wenn wir beginnen Tango zu lernen? Warum lernen manche dann beide? Wenn Führen und Folgen den Tango killt, WIE soll es dann bitte jemand lernen?
Seit ich vor kurzem angefangen habe Führen zu lernen sind mir ein paar Dinge NOCH klarer geworden : wie wichtig (und schwierig) eine klare und eindeutige Führung ist. Die Stabilität und der Einfallsreichtum des Führenden – wichtig für mich . Als Folgende ein tatsächlich freies Bein zu haben und in die Nullposition zurück zu kehren, das erleichtert dem Führenden seinen Job und ich bekomme die Chance neue Kombinationen geführt zu bekommen. Vorauseilender Gehorsam: ganz schlecht, schöne verzierende Füßchen nur dann gut, wenn Zeit und Raum!
Ich glaube ja, dass Gerhard (auf seinen Artikel beziehe ich mich hier) eben eh den Dialog meint, und meiner Meinung nach führt er cool, denn ich hab mit ihm schon einige seeehr schöne Tangos getanzt. Warum er sich so an der Begrifflichkeit des Führens und Folgens stört, weiß ich nicht. Ich glaube er meint , dass starres Figurenabtanzen öd ist, dass man der Folgenden Raum geben kann und soll sich einzubringen, zu antworten. Damit der Tanz eben ein Dialog wird und kein Monolog.
Ich meine aber, dass sich beide ihrer Rollen und Aufgaben bewusst sein müssen, damit das funktioniert. Wenn beide beide Rollen beherrschen, umso besser, dann kann man eben innerhalb des Tanzes auch tauschen. Die klar definierte Rolle!!!!
Wenn man als unerfahrene Folgende viel Zeit und Raum hat, bricht schon mal die Panik aus: Was mach ich in der Pause???? Nix? Schöne Füßchen? Einen Boleo?…. Ich jedenfalls hab schon eine Zeit gebraucht bis ich mich als Folgende sinnvoll und kreativ einbringen konnte, und ich habe seeeeeeehr lang keine Verzierungen gemacht, geschweige denn meinen Führenden mit irgendetwas überrascht, dafür macht es mir jetzt umso mehr Spaß und jetzt will ich auch kreativ Führen und zwar eindeutig und verständlich. Ich arbeite daran!!!

Hoffentlich kann ich bald mal wieder mit Gerhard tanzen 😉
Herzlichst
Alessandra
SyS

6 thoughts on “Einer führt, einer folgt

  1. Lieber Gerhard,
    herzlichen Dank für Deinen Kommentar. Mir war schon klar was Du meintest, aber die Gelegenheit musste ich nutzen 😉
    Ich glaube ja, dass das Problem nicht die Begriffe „Führen und Folgen“ sind, sondern eher das starre „Figurenlernen“. Der Führende beginnt eine „Figur“, die Folgende glaubt sie zu erkennen in der ganzen Abfolge und macht dann schon mal ….vorauseilender Gehorsam. Aber vielleicht wäre ja was ganz anderes gekommen… Die kleinste Einheit beim Tango ist nicht eine Figur oder gar die base, sondern eine Bewegung, wie zum Beispiel Spurlegen und daraus ergeben sich eben unzählige Möglichkeiten. Ich bin auch der Meinung, dass es keine „Fehler“ gibt, sondern maximal Mißverständnisse, und aus denen kann dann eben etwas Neues entstehen. Umso besser und sensibler die Tänzer sind, umso schöner und spannender der Tanz. Dann kann ich auch als Folgende bei sich bietender Gelegenheit etwas anbieten, oder den Führenden einladen. Das ist meiner Meinung nach aber etwas anderes als im Tanz die Rollen zu tauschen. Wenn mann mit jemandem schon lang zusammen tanzt, dann passiert vieles auch auf einer „feinstofflichen“ Ebene. Wenn ich mit Peter tanze und ich wünsche mir einen bestimmten move (ich sag absichtlich nicht Figur) , dann reicht echt oft der Gedanke…..und es wird passieren….

    Ich hoffe, wir tanzen bald 🙂
    Bis dahin Dir viele geniale Tangos und liebe Grüße
    Alessandra

  2. Ich finde das Thema ist etwas überstrapaziert. Wichtig ist doch dass man zum vierbeinigen Tier wird, ob Monolog oder Dialog und dass die Musik einen führt.
    Liebe Grüße Eddy

    • Hallo Eddy, ich finde KEIN Thema überstrapaziert, wenn jemand was dazu zu sagen hat. Aber klar, es gibt viele Meinungen und ich lasse jedem die Seine. Ich glaub halt auch dass man zum vierbeinigen Tangotier nur im Dialog wird und im Monolog ein zweibeiniges mit Stelzen ist…. Oder so ähnlich….
      Liebe Grüße Alessandra und herzlichen Dank für deinen Kommentar

  3. Liebe Alessandra,

    schön, dass dich mein Text zu einem Artikel veranlasst hat! Ich meine, das Thema hat es verdient.

    Natürlich killen Führen und Folgen den Tango nicht, wohl aber der gedankenlose Einsatz dieser Vokabeln: Landläufig werden sie eben so gemeint und verstanden, wie ich es in meinem Artikel beschrieben habe: Der eine muss alles kontrollieren, die andere darf genau nur das tanzen. Und dies hat dann zur Folge, dass sich männliche Anfänger oft jahrelang nicht mit fremden Partnerinnen zu tanzen trauen, da sie fürchten, nicht stets die souveräne Kontrolle zu behalten oder zu wenige „Figuren“ sicher führen zu können.

    Klar brauchen Anfänger eindeutige Vorgaben, was „Vorschlag“ und „Ausführung“ betrifft – und in beiden Fällen sind klare Signale nötig. Aber je weiter man sich entwickelt, desto mehr verschwimmen diese Rollenaufteilungen. Zementierte Vorstellungen über die Aufgabenteilung verhindern das eher.

    Was tun, wenn eine „Folgende“ ein Signal anders deutet (ob absichtlich oder irrtümlich)? Gemeinhin sieht man auf dem Parkett Männer, welche versuchen, ihre Absicht auf Biegen und Brechen durchzusetzen. Persönlich ziehe ich es vor, dann das zu begleiten, was die Partnerin macht. So: Wer führt in dem Fall? Und wer folgt?

    Nach meiner Erfahrung beginnen Frauen meist dann damit, das Führen zu erlernen, wenn sie als Folgende schon ziemlich eigenständig tanzen. Dann ist der Rollenwechsel nicht mehr so schwierig.

    Für mich eignet sich halt das Begriffspaar „Führen und Folgen“ nicht für holzschnittartige Interpretationen. Mein Lieblingsspruch dazu: „Führen heißt, dass der Mann das mittanzt, was er nach Meinung der Frau wollte.“

    Aber grau ist alle Theorie… Liebe Alessandra, ich hoffe, wir werden das bald einmal wieder auf dem Parkett probieren!

    Liebe Grüße
    Gerhard

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